Auf nicht mehr
nachvollziehbare Art und Weise hatte sich der Gedanke des
Hochwasserschutzes mit dem Profilierungsbedürfnis einiger
Lokalpolitiker verbunden. Man konnte darauf verweisen,
daß
beim Hochwasser einiges an Bruchholz den Fluß runterkam,
sogar
veritable Stämme polterten gegen die Dämme. Weil man
also was
tun mußte und den Bürgern gern was bietet - was lag
näher, als flußauf flußab die
schönsten und
dicksten Bäume - die die jedem ans Herz gewachsen waren, sogar
Augsburgern - einfach
abzusägen. [die können jetzt nicht mehr in den
Fluß
fallen]. Ja diese natürlich gewachsene, im
großstädtischen Raum seltene, stellenweise
auenwaldähnliche Pufferzone hat man hemmungslos abgeholzt.
Rückzugsgebiet für Tiere, uferstabilisierender
Wurzelschutz,
Feinstaubfilter, was weiß ich - ohne
Gefühl gekillt.
Tagelang gingen die Motorsägen und noch, so hört man,
sind
einige Bereiche unbesägt. Das sichert Arbeitsplätze
bei den
städtischen Sägern. Im freigewordenen Raum pflanzte
man punktweise Zwerggehölze und anderes sündiges Zeug.
Zwischen den
mit Aufwand verschnörkelten und verbreiterten Wegen. Wirkt wie
die
Beweisführung von ein paar Archkitekten, daß sie was
gelernt
haben. Schade nur, daß man immer erst die Natur entfernen
muß, um sie dann aus Lehrbüchern wie ein
gentechnisches
Experiment wieder häßlich auferstehen zu lassen. Was
noch?
Ein paar vorhandene normale Sitzbänke wurden durch
edelstählerne Designstücke ohne Lehne ersetzt. Da
sitzt man
nun wie ein Fakir. Die meisten lassen es. Schön ist das jetzt
endlich und man sieht den vorausgeeilten Hund gleich, wenn er um die
Ecke pinkelt oder harmlose Jogger verbeißt. Früher
war das
schwieriger mit all den Bäumen. Es ist überhaupt toll
designt
alles dort und man kann auf den paar fertiggestellten Metern ahnen, wie
die ganze Wertach flußauf flußab mal aussehen soll.
Gott
verhüte, wird.
Nachtrag:
Die
Wertach
oder das - hat sich mittlerweile weiter
eingegraben. Nun sieht man sie kaum noch von der schönen neuen
Autobahnbrücke aus. Weil das Wasser nun aber heftiger am Ufer
kratzen könnte, mußte man viele tolle Wackersteine
ankarren
und mit viel Lärm ins Wasser werfen. Nun ist, jedenfalls im
Bereich der Autobanhbrücke, also Luitpoldbrücke, der
Hochwasserschutz wieder hergestellt. Leider sieht das nun alles
endgültig wie ein Abschnitt der Emscher im Ruhrgebiet aus.
Genial
vital und mit meterhohen Steinwänden. Wie ein
Karstfluß und
ganz komisch zerstört. Keine Frage, daß man
letzteres
hätte locker vermeiden können. Denn der
Fluß grub sich
ein, weil vorne plötzlich der Wehr fehlte. Jedem
experimentierenden Kind im Sandkasten ist das sonnenklar. Man
hätte also nur rechtzeitig all die Wasckersteine nehmen
müssen..... und sie dorthin werfen wo eben noch der Wehr war -
bis
man irgendwann Geld für einen neuen hat... oder so. Aber das
wäre praktisch und einfach gewesen und hätte nicht so
viel
segensreiche Arbeit für den Bauhof abgeworfen.
Außerdem ist
nun wie ein leidiger Sachzwang genau das geschehen, was ein
Wasserwirtschaftsamt sich sowieso wünscht. Daß der
Fluß möglichst keinen Ärger mehr macht und
schön
tief liegt. Außerdem... mit etwas Glück
gefährdet
die gesunkene Flußsohle die Stabilität der
verbliebenen Uferbäumchen hie und da. Viele sind´s
zwar
nicht, aber wie gesagt, mit etwas Glück gibt es nochmal
kräftig was zu tun für die Motorsägen und
weiterhin
Arbeitsplätze für die städtischen
Säger.
Weiterer Nachtrag (7.1.06):
Man mußte nicht lange warten. Anfang Dezember haben
die Säger endlich ihre drängendsten Träume
verwirklicht. Das gesamte Wertachufer vom ehemaligen Goggelessteig bis
zur Luitpoldbrücke wurde in herzerfrischender Vollständigkeit
von allen störenden Bäumen befreit. Vor allem die alten gut
gewachsenen waren doch auch Passanten und Anwohnern bereits seit
längerem ein Dorn im Auge. Mit Wehmut schauen sie immer wieder auf
die Bäume in ihren Gärten und würden die ja soo gerne
auch mal absägen. Aber man darf es ja nicht so einfach wegen dem
Naturschutz. Schön, daß es wenigstens die Behörden
dürfen, das Absägen. Weg, tabula rasa. Herrlich, soweit das
Auge reicht, nur noch Stümpfe, flankiert von steinigen Ufern
aus ortsfremden Kalksteinen, inmitten - die tief eingegrabene
Wertach, aus der nun lustig uralte Brückenstümpfe und
sonstige archäologisch wertvolle Sachen herausragen. Schaut man
hilfesuchend auf die Website des Bundes für Naturschutz, dann
weiß man gleich wieso das so sein muß. Ganz ordentliche
Renaturierung steht an, wir bitten um Verständnis. Natürlich
nach den Vorgaben studierter Wasserbauingenieure und Ökologen.
Deren Theoriewissen es verständlicherweise nicht vorsieht,
daß Bestehendes einfügt wird, nein nein, sowas muß von
Grund auf geschehen. Zwar war gerade dieses Flußstück eines
der Schönsten, fürs Auge, für die Spaziergänger.
Hier war alles intakt. Durch Bäume befestigte Ufer, ein
aufstauender Damm mit Brücke, malerische Kiesbänke mit hohem
Freizeitwert. Aber leider so natürlich und weitgehend ohne
kostspieliges Renaturierungsprogramm entstanden. Ein Ärgernis
für jeden rechten Wasserbauingenieur. Da kann er ja gar
nicht zeigen, was er so alles drauf hat. Erfreulicherweise steckt der
Bevölkerung noch immer die Hochwasserangst im Nacken. Bereitwillig
nimmt sie alles hin, was Schutz verspricht. Auch wenn das Hochwasser
hier nie ein Problem war, denn das Wasser kam hintenrum von
Gögginger her, dort lag das Problem. Hier genügten
Uferhöhe und Befestigung mit Abstand, immer schon. Weiter liest
man am 7.1.06 in der AZ, daß demnächst nun am ehemaligen
Goggelessteig große Baumaßnahmen anstehen. Hurra,
möchte man rufen, endlich wieder. Wir haben Lärm udn Dreck
bereits vermißt. Es soll ein Wehr aufgeschüttet werden. Die
Wertach habe sich seit dem Verlust des alten zu tief eingegraben. Fein,
daß man das endlich kapiert hat. Seit Monaten gräbt sie sich
ein, ohne daß irgendetwas geschah. Aber warum? Es geschah, weil
man den Restwehr vorne absichtlich entfernt hatte. Doch nur der Steig
war baufällig, die vorhandene Aufschüttung hätte man
lassen können. Wie ein böses Spiel mutet das alles an. Wehre
beseitigen, dann wieder aufschütten, Bäüme fällen,
dann wieder setzen. Jahrzehnte warten.... dann wieder alles weg und neu
beginnen.. usw. Was für ein lustiges Treiben für die
öffentliche Hand, die keine Finanzen hat und trotzdem mit vollen
Händen ausgibt, bürgernah und hocheffektiv, wie man das halt
erwartet.
2005-1/2006
Januar 2007.
Mittlerweile sind im Bereich des ehemaligen Goggelessteigs eine Reihe von dünnen
jungen Bäumchen gesetzt worden. Der Blick Richtung Luitpoldbrücke
erinnert trotz dieser Zier weiter an eine
Marslandschaft (vor Ablauf von dreißig Jahren ist wohl auch nicht an echte optische Verheilung zu denken).
An
sonnigen Tagen finden sich jetzt wieder viele Spaziergänger ein. Wo sollen
sie auch sonst hin mit sich selbst und ihrem Hund. Ihre
meist dunkle Kleidung kontrastiert schön mit dem in der Sonne hell
leuchtenden, von Riesenhand aufgeschütteten, ortsfremden Geröll.
Die Szenerie
gewinnt auf die Art etwas Surrealistisches, wie in einer ungemalten
Skizze von Feininger etwa. Der Effekt ist sehr gelungen und
man ertappt sich dabei, die Zeitung zu durchforsten, wer der
hochprämierte Landschaftskünstler dieses avantgardistischen Projekts
gewesen sein könnte, das in seiner Komjpromißlosigkeit an
kommunistische Großtaten gemahnt.
Was läge näher, als die Gründe
für das markante Ergebnis in der schlimmen Kindheit der Verursacher zu
suchen. Möglichkeiten der Genesung, verständnisvollen Zuspruch und
das wahrscheinlich erlebte harte Schicksal abzuwägen. Doch abstrahieren
wir vom sich aufdrängenden Bauchgefühl. Das Resultat gewinnt
beachtlich an Schlüssigkeit, wenn man nach anderen Hintergründen fahndet:
Der
Blick von der Luitpoldbrücke auf das Westufer offenbart
neuerdings doch eine regelrechte Befestigungsanlage - wie sie am
Flußlauf ihresgleichen
sucht. Das an einer Stelle, die auch nicht hochwasserbetroffener ist
als andere, ja eigentlich sehr viel weniger. Und eventuell erinnert man
sich - ja ist denn nicht so etwas wie
eine Straßenbahnlinie 5 im Gespräch?
Macher und
Behörden sind nach ermüdenden Jahren des Lernens dazu übergegangen, kaum
noch ihre Endvisionen mitzuteilen. Weil diese für Bürger oder
sich etablierende Iinitiativen viel zu oft unzumutbar erscheinen und dann ganz gemein verhindert werden.
Man operiert nun in Salamitaktik. Ist ein Biotop erstmal angekratzt, der
Glanz genommen, sinkt auch das Engagement der Verehrer. Wer einen Wald
beseitigen möchte, tut gut daran, das nicht auf einmal zu erledigen.
Die Bevölkerung leidet zwar, aber sie gewöhnt sich schließlich doch. Die Alten wimmern
noch, da haben die Jüngeren die Situatution bereits stupide abgehakt. Die
Eingesessenen sind der Verzweiflung nahe, die Zugezogenen kennen
bereits keinen anderen Anblick mehr. Und so geht es immer weiter bis
zum Ziel der Visionen.
Wer weiß - in diesem Fall eine Straßenbahnlinie 5. Sie könnte beim außerordentlich
gründlichen Beseitigen der gewachsenen Natur im Rahmen dieses
Abholzfestivals eine wesentliche Rolle gespielt aben.
Vor
nicht allzu langer Zeit sahen entsprechende Gesamtpläne noch vor:
Unterquerung des pferseeseitigen Luitpoldbrückkopfes durch die
Lokalbahn, statt wie bisher Führung der Trasse über Straßenhöhe
Wieviel Beton und
Kosten das gegeben hätte. Und welchen Hochwasserschutz die UNterquerung
erst benötigt hätte. Der Bund der Steuerzahler wäre aus dem Staunen
nicht mehr heraus gekommen, ist Augsburg ja sowieso nicht als reiche
Kommune bekannt. Wie groß muß die Enttäuschung der darauf
spekulierenden Interessengruppen gewesen sein, als es nicht dazu
kam. Seit Monaten benutzt die Lokalbahn die Strecke übrigens
sowieso kaum noch.
Es kam gottlob nicht zur Unterquerungsröhre, aber die neue Brücke
gewann dennoch ihr geplantes Autobahnformat.
Die
große ÖNV-Haltestelle auf der breiteren Brücke ist erfreulich für die
Nachbarn, zweifellos. So richtig breit wurde das Ding ja aber auch,
weil man eine zusätzliche Straßenbahnlinie integrieren wollte. Seit
vielen Jahren ist es schon in einem internen Nutzungskonzept,
vielleicht nur im persönlichen des Baureferenten und seiner
Kollegen, so vorgesehen, daß diese Linie zu kommen hat und
daß sie durch die Hessenbachstraße geht. Nach allem was hierzu bisher
diskutiert wurde ist jedenfalls mir klar, daß diese Trasse von Anfang
an
feststand und man gar nie vorhatte, davon abzurücken. Spekulativ stehen
hinter dieser Absicht weiterhin Fördergelder, die es für andere
Projekte sonst nicht gegeben hätte. Weil die Stadt sonst kein den
abstrakten Subventionsrichtlinien entsprechendes Erschließungskonzept
vorweisen kann - oder man kolportiert das auch nur, um die
Sache machen zu können. Ob sie tatsächlich Sinn ergibt und benötigt
wird ist nachrangig.
Diese Linie 5 ist unnötig. Auf der Strecke
fährt ein guter Bus und er ist auch nach Wiederbebauung von Cramerton
und Umgebung nur wenig ausgelastet. Das ZK ist bereits über die zum
Park&Ride beim neuen Obi verlängerte Linie 2 angebunden, außerdem
über besagten Bus. Der benutzt umweltschonend die Ackermannstraße und
braucht keine teure und zerstörerische Trasse. Eine Straßenbahn
ist im übrigen auch nicht ohne, sie verursacht Elektrosmog und wirbelt
mit Niederflurtechnik im Fahrbetrieb jede Menge Feinstaub auf.
Sollte man eine Linie 5 für nötig halten, so hätte es auf der Hand
gelegen, die vorhandene Linie 3 ab Stadtbergen in die Hagenmähderstraße
zu verlängern und auf der Kreuzung Ulmer-/ Kriegshaberstraße zur Linie
2 zu stoßen. Der Verkehr auf der Ackermannstraße wird auch durch einer
Trasse auf der Ackermannstraße behindert, bzw. wenigstens in einer
Richtung gequert. Dazu käme die allfällige Fahrspurverengung auf einer
Ein- und Ausfallstraße - ganz analog zur Linie 6-Problematik in
Hochzoll. Hagenmähderstraße - das hätte einen netten Rundkurs und kaum
Baumaßnahme ergeben. Aber wenn schon durch die Ackermannstraße und viel
bauen wollen, dann doch mit einer Einfahrt über die Rosenaustraße.
Diese Trasse scheint als alte B300 dafür geradezu prädestiniert zu sein.
Es ist logisch, warum man letzteren Weg
nicht
nahm. Hier sind WBG und
Deusche Bahn Anrainer - mächtige Kollegen, deren Wohlwolllen man
woanders braucht, die außerdem streifähig sind. Ähnliches
gilt auch für eine Trasse Holzbachsatraße. Sodele. Welche
Vorteile bietet also
die Hessenbachstraße? Richtig, hier wohnen arme Leute und ein paar
private Wohnungseigentümer im Wertachpark. Die haben weder Geld, noch
Einfluß noch sonstwas, um sich zu wehren, bloß blankliegende Nerven.
Nebenbei eröffnet die Trasse eine geniale Möglichkeit für
Technikfreaks und
Interessenten aus dem Bauszenario - schwierige,
umfangreiche und kostspielige Baumaßnahmen einzupflegen. Zunächst
durch eine umfangreiche Brückenerweiterung an der Luitpoldbrücke,
dann mit
einem geplanten Durchstich der Ackermannstraße von unten nach oben,
wiederum teure Brückenbautechnik. Schlußendlich durch die
Trassenführung
entlang dem Wertachufer, was je nach Abstand
Uferabstützungmaßnahmen nötig macht -
inklusive des zur Trassensicherheit sowieso erforderlichen - - -
Hochwasserschutzes. Die
städtischen Säger werden sicher auch wieder auf ihre Kosten kommen.
Ja wahrscheinlich wird man ihnen einen Großteil der
malerischen Lindenallee zur Kappung anbieten. Paßt doch.
04.02.2007. Die
Salamitaktik. Wenn ich nun auf der Luitpoldbrücke stehe und die
Wertach hinab schaue, mich daran erfreue wie die Fußgänger, endlich
trockenen Fußes, auf der burgartigen Befestigungsmauer ihre Linien
ziehen - dann scheint mir hier plötzlich etwas zu fehlen.
Keine
Bäume. Nein, dort wo noch einige Kleingärten der ewig gestrigen
Laubenkolonisten
ihre Windrädchen emporrrecken. Wo man auch dieses Jahr
vielleicht ein letztes mal im Sommer grillen wird, zwischen
aufbegehrendem Grün. Blumen, Efeuranken, und Amselnestern. Mich
schwindelt.
Hier fehlt ganz eindeutig Technik und klare Linie. Hier feht die Linie
5 !
Der Hochwasserschutz. Was für ein Glück, Dieses
Pfingsthochwasser damals. Wie hätten wir der Bevölkerung sonst
beibringen sollen, daß die Verunstaltung notwendig ist, Aber im Rückblick
welch ein Geniestreich. Schon vor Jahren zogen Umweltschützer zu Felde
gegen Flurbereinigung und Gewässerbegradigung. Zückten das Schwert
gegen jede Trockenlegung. Eine Wühlmaus auf der Roten Liste der
aussterbenden Tierarten konnte gar ein Atomkraftwerk auf ihrer
Wohnhöhle verhindern. Das ist vorbei, jedenfalls in Augsburg.
Wobei ich mir nicht sicher bin, ob es hier jemals so war. In diesen
schweren Zeiten also ist es uns gelungen, der Bevölkerung ein
klasisches Tabularasa hintenrum als Umweltschutz und Renaturierungsmaßnahme zu verkaufen. Echt
wahr!
Wir haben ein wenig positive Stimmung organisiert, am Uferrand
ein nettes Täfelchen aufgestellt (grüne Stadträte waren aus
unerfindlichen Gründen sowieso für uns; haben für uns mit
Uferbegehungen sogar noch Werbung gemacht, haha) und dann, der
Clou - der mahnende Verweis auf den
Hochwasserschutz.
So richtig haben
sie es ja nicht begriffen, denn an dieser Stelle gab es kein
übertretendes Hochwasser, sogar an Pfingsten 99 stand der Fluß
immer noch mehrere Meter weit unter
der Böschungslinie. Akzeptiert haben sie es schon.
Schließlich hatten sie damals einen Schaden, die Anwohner
von Göggingen her. Außerdem, wen würden schon die vielen
schrecklichen Bilder im Fernsehen kalt lassen. Elbe, Oder, Muren in den
Alpen, Klimawandel. Da kriegt jeder Angst. Als glücklich
hat sich außerdem die Idee erwiesen, das Wasserwirtschaftsamt
vorzuschicken. Die sind zwar sehr ungeschickt und hacken immer zu viel
um, aber sie sind schließlich Ingenieure und das wissenschaftliche
Gutachten ist ihre zweite Heimat. Heutzutage, wo der Ruhm des Handwerks
verblüht und jeder bessere Heimwerker sein Häuschen in maßloser
Selbstüberschätzung selber baut. Heutzutage hat das Wort eines
Ingenieurs doch immer noch Gewicht. Und wenn das
Wasserwirtschaftsamt sagt, das muß so sein, das
brauchts ganz unbedingt - dann glaubt das der Kleingärtner, auch wenn er
murrend weichen muß.
Für alle Fälle und wegen der ewigen Zweifler
haben wir sicherheitshalber ein paar Wortornamente beigebunden. Nannten das
ganze "Wertach Vital". Zunächst fanden wir das selbst zu überzogen und
geradezu schamlos, weil völiig falsch. Aber ein paar gerodete Bäume weiter ging es siegessicher mit uns
durch. Warum auch nicht. Wir nanntes es Wertach Vital und drehten es
der Öffentlichkeit als Renaturierungsmaßnahme an. Glaubt es oder nicht, sie haben es gefressen.
18.03.2007. Resumé. Was
bisher zum Ausdruck kam ist vor allem Empörung und Verzweiflung
darüber, daß berufene Spezialisten und gewählte Volksvertreter
"das Falsche tun". Ich bin nicht bereit, mich über jede mißliche
Situation in aller Welt aufzuregen und seitenweise zu schreiben. In
beiderlei Hinsicht sei Vorkommnis und Bericht also Parabel
und Symbol für viele vergleichbare Situationen in Land und
Welt. Füher schüttelte man den Kopf über die Bürger von Schilda, heute
sagt man "Wertach Vital".
Den "Berufenen" mangelt es oft nicht einmal an etwas.
Einsichtsfähigkeit, Information, Besprechung, Planung, manchmal ist
sogar guter Wille vorhanden. Will man nicht mafiöse Kausalitäten,
echte Dummheit, Ignoranz und niedere Triebe unterstellen (auch daran
"mangelt es oft nicht") - dann ist es schwer, schlüssige
Erklärungen zu finden. In vielen Fällen scheint eine Art von
Verblendung vorzuliegen. Ist einer zu etwas berufen ändert sich von ihm
unbemerkt sein Horizont und er wertet und handelt wie nach einer
Gehirnwäsche - anders.
Die
Fakten im Falle der Wertach sind jedem einigermaßen zugänglich. Was
hier geschrieben wurde bezieht sich nur auf den
Flußabschniit Luitpoldbrücke-Ackermannstraße. Ich habe die
Rodungsarbeiten oben bei Göggingen gesehen, ebenfalls schrecklich und
viel umfangreicher. Aber darüber kein Kommentar. Hier vor Ort habe ich
den Zustand vorher/nachher über zehn Jahre verfolgen können. Kann
vergleichen wie die Umgebung 1995 aussah und wie sie jetzt aussieht,
2007.
- Es ist bekannt, daß beim Pfingshochwasser 99 Teile
von Pfersee überschwemmt waren. Das Wasser kam jedoch von hinten und
vom gebrochenen Gögginger Ackermannwehr
flußaufwärts her. Hochwasserschützende Maßnahmen direkt an diesem
Flußabschnitt hier hätten die Überschwemmung logischweise nicht
verhindert und können es denknotwendig weiterhin nicht. Im
besagten Flußabschnitt Luitpoldbrücke-Ackermannstraße kam es weder
99 noch in Hochwassern danach zu einer irgendwie
kritischen Näherung des Wasserpegels zur Böschungsoberkante.
- Beim Pfingshochwasser wurde die baufällige Luitoldbrücke
durch Treibholz und Wasserhochstand bis an die Oberkante der
Brückenpfeiler - weiter beschädigt. Sie wurde als instabil bzw.
dringend renovierungsbedürftig eingestuft. In der Folge auch geschont und bis zum
kompletten Wiederaufbau nur einspurig befahren. Der Straßenbahnverkehr
stand lange Zeit still. Weitere und spätere hochwasserschützende
Maßnahmen haben seither nicht mehr diese Brücke im Visier. Sie meinen ersichtlich auch nicht diese Brücke.
- Beim Pfingshochwasser geriet ebenso der der Straßenbrücke Bm.-Ackermannstraße vorgelagerte Goggelessteig
in Bedrängnis. Dort stand das Wasser bis fast zum Fußweg Auch
lag Treibholz quer. Verständlich, weil der Steig eine
Aufmontierung darstellte bzw. handelte es sich dort tatsächlich um eine
befestigte Wuhranlage. Dahinter fiel das Wasser mehrere Meter auf die
dort breite Flußsohle der Wertach um dann flußabwärts der Vereinigung
mit dem Lech zuzueilen. Ein Wehr ist notgedrungen ein Problem, sofern
er sich bei Hochwasser nicht komplett entfernen läßt. Nach
"Pfingsten" wurden deutliche Schäden am Wehr festgestellt und es
erfolgten Planungen zu einer baldigen Neukonstruktion. Anders als bei
der Luitpoldbrücke, deren titanischer Aufwand offenbar alle
Aufmerksamkeit und Gelder verschlang, kam es aber nicht dazu. Man
kann sagen, daß das eine Fahrlässigkeit der Umsetzungsbehörden und
-gremien darstellt, Zumindest wenn man die von Gutachtern
einschneidend vorgebrachten Aussagen zur Baufälligkeit des Wehrs
daneben hält.
Beim Frühjahrshochwasser 2005 schließlich
geriet das Wehr erneut unter Druck und barst an einem mittleren Sockel.
Da der vielbeschworene Hochwasserschutz offenbar flußabwärts keine
Rolle mehr spielt unlerließ man danch den Wiederaufbau des Wehrs. Jedenfalls
wäre es ein leichtes gewesen, nach Abzug des Hochwassers einen durch
Bagger im Notfall fexibel beweglichen provisorischen Damm aus Steinen
an der Stelle und in funktioneller Höhe des alten Wehrs aufzuschichten.
Damit flußaufwärs die strömungstechnisch alte Situation gehalten werden
kann.
Man tat das nicht, was eine weitere Fahrlässigkeit
darstellt. Nun konnte sich der plötzlich ungehemmte
und schnellere Fluß erstmal bis zum nächsten Wehr
flußaufwärts tiefer in sein Flußbett eingraben.
Über Monate war mitanzusehen, wie die Bewuchsnabe am Ufer immer
ungeschützter und offener zu liegen kam, teilweise unterspült wurde.
Schließlich eine deutliche Erosion
in gang gesetzt war, Erdschichten stürzten ab und fielen in das
Flußbett, Baumwurzeln ragten in die Luft. Nun schließlich fand man die
besagten Steine. Man verputzte damit sozusagen die erodierten Ufer. Man
tat es vom Fluß her und es hätte in diesem bedauerlichen Stadium
vollkommen genügt. Jedoch, und das läßt sich nicht mehr mit bloßer
Fahrlässigkeit erklären, vor derm Ausbringen der Steine holte man
die Sägen und produzierte am Westufer praktisch einen Kahlschlag. Dies
zu einem Zeitpunkt, wo bereits zuvor in mehreren Aktionen der
gesamte Flußverlauf bis Göggingen hoch um schöne und große Bäume
"bereingt" worden war. Damit nicht genug, man ließ dem Westufer auch
noch die schon weiter vorne erwähnte Befestigungsanlage angedeihen. Wo
sich früher eine der idyllischsten Stellen des städtischen Flußverlaufs
befand blakt nun eine nackte Wunde und ein Mahnmahl. Nach Monaten dann
schien es, wie wenn der Erosionszusammenhang endlich entdeckt worden
wäre. Mit einigen weiteren Steinbrocken errichtete man an der Stelle
des alten Wehres eine halbhohe Schwelle im Fluß und der
Eingrabungsvorgang kam endlich zum Stillstand. Gerade die geschilderten
Abfolgen in diesem Absatz machen es sehr schwer, im Zusammenspiel aller
aufgetretenen Fahrlässigkeiten und Nichthandlungen nur einen bloßen Zufall zu erblicken. - Hochwasserschutz
an diesem Flußabschnitt konnte grundsätzlich nur bedeuten, die beiden
Brückenbauwerke zu modernisieren. Andere Dinge waren hier nicht "hochwassergefährdet".
Als der Goggeleswehr dann leidvoll verschwand hätte es genügt, die
Flußschwelle an dieser Stelle zu stabilsieren und in nötiger Höhe zu
halten. Das jedoch nur als Maßnahme für den Fluß. Hochwasserseitig
bestand nach Verlust des Wehrs
(das ist weiterhin der aktuelle und wie
man hört endgültige Zustand) für die Gefielde flußaufwärts ein
deutlich noch geringeres Hochwasserrisiko als je zuvor. Wenn man sich
die Begründung der Behörden für die Beseitigung der Bäume zu eigen
macht - Hochwasserschutz - so ist das nach Wegfall des Wehrs ein noch
schlechteres Argument als bisher. Ein geradezu absurdes Argument. Zudem
verhalfen die Bäume dem durch den Wehrverlust angegriffenen
Ufer
immerhin noch zu Stabilität. Nachdem man die Uferstabilisierung
allerdings durch Steine bewerkstelligt hatte, konnte man folgerichtig
(und wie zu vermuten ist mit einem aufatmenden eeeendlich) die Bäume
beseitigen.
- Ich beobachte vom Fenster aus immer wieder
Passanten und Nachbarn, wie sie auf der Luitpoldbrücke stehen bleiben
und fassungslos auf den Fluß blicken. Hier haben sie sich einmal wohl
gefühlt und identifiziert. Heimat und Ort mit Seele wahrgenommen.
Von einem Vetreter der klassischen Parteien erwarte ich ohnehin kaum
Einfühlungsvermögen in solche Sachverhalte. Aber die Grünen? Nein, auch
von dieser Seite nichts, Nur ein Verweis, daß das eine tolle Sache sei
mit dem Vital, man werde schon sehen. Blumenwiesen, Schemtterlinge,
etc. Den Infokiosk nicht zu vergessen.
Es gibt nicht so
viele Orte mit Seele. Ist irgendwo die Natur noch halbwegs intakt, dann
hat die ganze Umgebung etwas davon. Die Natur entstreßt sich
an diesen Stellen auch selbst und kann wie ein Katalysator weitflächig
augleichend und stabilsisierend wirken. Was hilft es, wenn an dieser
Stelle in fünfzig Jahren vielleicht einmal wieder halbwegs vorzeigbare
Bäume wachsen. Wir brauchen sie ebenso heute. Für unsere Kraft und unser
Selbstverständnis. Wir wollen uns erkannt fühlen von unserer Umwelt
oder wenigstens wohl in ihr. Wir leben auch vom Anblick und der
guten Luft einer grünen Aue. Dem Vogelgezwitscher dort. Einer
Möglichkeit, am Wochenende in eben dieser Umgebung ein Bad zu nehmen
oder zu Picknicken. Das alles war stadtnah vorhanden. Warum muß man
immer in die Ferne planen und eine menschenfeindliche Technokratie
auf die andere setzen. Warum verprellt man seine Bevölkerung so? Warum
stellt man ihr (oder sich) die dämliche Frage warum nicht genug Kinder
geboren werden. Und grübelt in nächtelangen Sitzungen über die x-te
Abwandlung von Erziehungs- und Kindersubventionen.
Da - deshalb
gibt es immer weniger Kinder. Möchte man in eine derartig
symbolisierte Zukunft von nackten Wackersteinen und Gefühllosigkeit ein Kind setzen? - Jemand anders sieht das wohl ebenso. Ich kann mir nicht vorstelllen, daß die Wasseramsel an
diesem Flußabschitt seit der "Vitalisierung" noch unterwegs ist. Das
ist ein Vogel, der seit Jahrzehnten auf der Roten
Liste steht. Warum stand es eigentlich nicht zur Debatte, Teile des
Flusses unter Naturschutz zu stellen? Oder war das sogar zu befürchten
- daher das eilige Ausräumen. Die drastischsten Dinge geschehen
ja immer dann, wenn Natur- oder Denkmalschutz zu erwarten sind.
- Februar 07 hatten die Säger ein neues Opfer gefunden. Sogar das Fernsehen berichtete darüber. Im nahen Paartal
wurde in noch unglaublicherer Weise mit einer naturnahen Flußlandschaft
aufgeräumt. Uralter mächtiger, gesunder Baumbewuchs der idyllischen
Paar dem Erdboden gleich gemacht. Wieder dasselbe Wasserwirtschaftsamt
und natürlich ging es offiziell wiederum um Hochwasserschutz.
Interviewte Anwohner waren fassungslos. Man kann so eine Gräueltat gar
nicht glauben. Der Vertrer des Wasserwirtschaftsamtes reagierte auf
Nachfrage indessen ganz ungerührt und wie wenn ihm die Landschaft dort
gehören würde. Eingeräumt wurde lediglich, daß der Säger halt ein
Bisserl zu ordentlich gewesen sei. Was auch in dieser Diktion nicht
einmal stimmte - die Bilder zeigten liederlich abgesägte Stämme.
Außerdem abgesägte Riesen, die weit vom Wasser entfernt gestanden
hatten. Davor wiederum kleinere schwache Bäume, die direkt am Wasser
stehen geblieben waren und in ihrer Art gerade ein Hochwasseropfer
bieten.
"Paar Vital" ! - Der Baum verbindet
Erde mit
Himmel, Nahrung.und Schutz.
Strebt, wächst - ruht wartend in der Zeit.
Ist Zukunft wie Vergangenheit.
Spiegelt Natur,
von der wir lernend mehr erfahren.
Ergänzt das Bild
Sein Schicksal gleicht dem von uns selbst.