Gala Molens

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GalaMolens Gesamtdatei (0,4 MB pdf)

  1. Kaltmeier im Spiegel der Sonne (0,2 MB pdf)

  1. Das Oldenburger System (0,1 MB pdf)

  2. Launen im Kalk (0,1 MB pdf)
      Farbe: Weiß/ Grün/ Blauviolett/ Blaugrün/ Grünweißorange
      Raum: Erde/ Mond/ Sonne
      Tür: Schale/ Knospe/ Licht
      Liebe: Treu/ Freude/ Sehnsucht/ Lachen
      Mythos: Der Steiger/ der Schwimmer/ der Taucher/ der Fahnenträger/ der Elephant
      Alltag: Vogelfreund/ Wartende/ Badende

  3. Erläuterung zu den Stücken

  4. Abstracts zu den Stücken



Gala Molens ist der Versuch eines Gesamtkunstwerks aus lyrischen, essayhaften und romanartigen Versatzstücken. Leitstruktur ist die Übergabe von als naturwesentlich wahrgenommener Erscheinungs- und Reproduktionsvorgängen an die schriftliche Formen- und Rhythmenbildung. DIese Vorgänge zielen auf Unbekanntes, was im Grunde bekannt ist. Sie erliegen Zyklen, die zum Anfang zurückführen und doch immerzu Neues schaffen. Die sprachlichen Ergebnisse beleuchten in ihrer Abbildhaftigkeit das immerwährend Gleiche unserer Welt. Sie unterliegen deren Schichtungen und ergeben eine Ganzheit, die im treffendsten Falle die abstrakt einzige Geschichte ist, welche geschrieben werden kann. Sie ist Kombination von Form und prima materia.
Da das nicht sein kann... ist Gala Molens die Erinnerung an eine Melodie, die wir alle kennen.

GALA MOLENS

Beipackzettel !


Gala Molens ist eines der wirksamsten zur Zeit bekannten Mittel

gegen:

Apathie, religiöse Hypertonie, monetäre Schizophrenie, nekröse Misantropie, spastische Gewinnsucht und anämische Phantasie.


Das Präparat wurde in langen Testreihen, Analysen, Dissolysen, Kulminationen und Destillationen hergestellt und jetzt auch für den Handel freigegeben.


Gala Molens ist rezept- und kinderfrei.

Gala Molens lebt.

Gala Molens enthält Begriff, Prinzip, Idee in wohlbekannter Dosis.

Die genaue Zusammensetzung ist verständlicherweise geheim.


Die unverwechselbare Vitalität des Präparats stammt jedoch nicht.aus einer Theorie, sondern aus einem 4. Bereich jenseits der Idee.


Gala Molens ist Einheit für Teilheit und Teil für Ganzheit.

Es entsteht nach dem Entleeren bestimmter Schubladen von Zeit und . Raum aus dem brachliegenden Durcheinander allein durch die Einwirkung der Gezeiten.

In rekursiver Selbstorganisation weist es über sich selbst hinaus. Es ist uns bekannte Teilordnung in vielen möglichen Teilordnungen.

Es ist verbindliche, lebende Ähnlichkeit.


GALA MOLENS

Beipackzettel !


Der Hersteller war allerdings bemüht, das Präparat, anders als diese Hinweise hier, allgemeinverdaulich zu halten. Er vermied deshalb weitestgehend den Gebrauch von Fachausdrücken, Spezialumständen und sonstigen gebildeten Duseleien. Dies geschah, wie angedeutet, nicht aus Dummheit oder fehlender Bildung, sondern im Ringen um eine allgemeine Wiederbelebung der einfachen Einbildungskraft.


Die verarbeiteten Metaphern und Symbole stammen, von wenigen Ausnahmen abgesehen, aus natürlichem Anbau.


Gala Molens enthält kreative Grundessenz - gegen die leeren Mengen unserer Zeit.

Gala Molens bitte sehr sparsam anwenden.


Bei Abusus kann es zu Irritationen und Blähungen, im Extremfall zu Neuralgie und geistiger Parästhesie kommen.

Bei Unsicherheit bitte Rücksprache mit ihrem Seelsorger oder Kunstberater halten.


Sonstige Nebenwirkungen oder Gegenanzeigen sind unbekannt.

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Erläuterung zu den Stücken


Regensburg im April 1992

GALA MOLENS ist eine Zusammenfassung ausgewählter Texte, die von Herbst 1984 bis Herbst 1991 geschrieben wurden. Dies entwickelte sich vor allem aus Anregungen durch Theaterarbeit am REGENSBURGER STUDENTENTHEATER (Herbst 84 bis Frühjahr 87). Ergänzend wurde das Theaterspiel LIMOSELLA erstellt. Zum Verständnis der Gesamtstruktur aller Werke ist es nicht unwichtig.

In Auseinandersetzung mit verschiedenen Themen, Stoffen, Ansichten, insbesondere den Reaktionen der Theatermitspieler auf den zeitgenössischen Kontext habe ich versucht, von der verbreiteten Meinung, Theater müsse als (aufrüttelndes) Abbild der 'Weltsituation' logischerweise auch deren Zersplitterung und Zerfahrenheit mitmachen - abzuweichen. In innerer Weiterentwicklung der zeitgenössischen Situation wurde versucht, eine der 'klassischen' Handlungseinheit von Ort, Zeit und Raum ähnlich verbindliche Struktur zu schaffen. Da das Triviale und Abgegriffene möglichst vermieden werden sollte, musste neue lebendige Ganzheit gebildet werden.Aus dem Festhalten dieses Ansatzes entstand dann fast zwangsläufig auch das Werk GALA MOLENS.

Mit dieser Linie spüre ich Verwandtschaft zu Filmemachern wie z.B. Tarkowski , Vertretern der 'land art', des 'performance dance' und natürlich zu den sicherlich vorhandenen, ähnlich denkenden Literaten. Leitidee ist jedenfalls eine Art von "balancing". Die Struktur des Bemühens sei abhängig vom 'gesellschaftlichen Ungleichgewicht' - was auch immer darunter verstanden wird. Die durch das "balancing" entstehenden Reaktionsmuster geben den Rhythmus der Gedanken und der Sprache vor. Dadurch bilden sich selbstähnliche Muster, die unabhängig von der benutzten ´story´ wirken können.

Die gewebten und sich selbst webenden 'Daseinsteppiche' geben den Boden für die oben erwähnte und angesteuerte - neue lebendige Ganzheit.

Regensburg im April 1992



Abstracts zu den Stücken

Kaltmeier im Spiegel der Sonne

Ungewöhnliche Dinge geschehen im Kloster Metten. Angeregt durch gregorianische Gesänge sind die Deckengemälde zu frischem Leben erwacht und auch die Gesänge selbst wollen einfach nicht mehr enden.

Referendar Kaltmeier, eben erst dem Amtsgericht Straubing zugeteilt, wird von Richter Geiger mit einem klärenden Gutachten betraut. Doch das Gutachten kommt schon zu spät. Die Ereignisse sind schneller und entführen Richter, Sekretärin und Refrendar erst in nahe Bergregionen, dann in metaphorische Erlebnisse, durch die ihnen ein mit sich selbst vernetztes Dasein gegenübertritt. Sie begegnen dichtenden Wildschweinen, seltsamen Wissenschaftlern, eigenwilligen Schäfern und sprechenden apokalyptischen Reitern. Endlich zurück im Amtsgericht begreifen sie, daß die ganze Welt in Auflösung begriffen ist. Richter Geiger, obwohl schon seit längerem Mitglied im Geheimbund der Erdbeersammler, ist mit seinem Latein am Ende. Erst bei Klosterpater Augustin in Metten kommt für alle etwas Licht ins Geschehen.

Richter Geiger fährt nun in die Wüste, um sich neuen Aufgaben zuzuwenden, während sein Kollege Schwarzkopf auf den Mond katapultiert wird.

KALTMEIER IM SPIEGEL DER SONNE ist das jüngste Werk in Gala Molens, wurde Januar 89 begonnen und etwa September 91 fertiggestellt. Das Arbeitsmotto war ein etwas anderes als beim Oldenburger System. Nichtmehr sprachliche Gestaltung für etwas primär als nicht ausdrückbar Empfundenes, sondern Fortführung und Verwandlung eines mehr ironisch/satirischen Ansatzes bestimmten die Arbeitsweise. Insgesamt wurde dann aber doch eine ähnliche Architektur wie im Oldenburger System angestrebt und erreicht (vor allem Verbindung linearer und zyklischer Elemente). Stimmungsmäßig beginnt das Stück etwa dort, wo das O.S. endet und ist dessen atmosphärische Fortsetzung.

Enthalten ist wiederum auch Zeitkritik. Die als Referendar gemachten Erfahrungen mit den Schmiedeöfen der Rechtsordnung sollten kreativ umgesetzt werden, in der Hoffnung wenigstens so dem als lebensfeindlich und sklerotierend empfundenen "Normativen Denken" der Juristerei zu entkommen. Die Auswüchse dieses Denkens werden beispielhaft aufgeführt, während die von böhmischen Winden getragene Suche des Referendars diesen schrittweise in die Kreativität zurückführt. Das geht einher mit einer sukzessiven Beruhigung der Sprache und des Rhythmus, im Bereich der 'kreativen Seite'.
Die Vertreter der Normativität hingegen lösen sich beständig in einem unlösbaren Kommunikationsproblem auf.

Die linear/zyklische Struktur des Geschehens unterstützt den genannten Prozeß. Weitere stützende Elemente, aber auch schon Teil einer übergeordneten Anschauung, sind das Handeln des Referendars als dreifache Person - zumindest vorübergehend, die Mehrschichtigkeit und Parallelität der Situationen und Strukturen, das Arbeiten mit einer Gesamtstruktur. Dazu gehört, daß die Lösung des dargestellten Konflikts zum Schluß mit einer Teilung der 'Welt' auszugleichen ist.
Diese "Teilung der Welt" entspricht der eigenen inneren Erfahrung und Überzeugung. DIe Welt besteht für mich aus einer Vielzahl von Organisationswelten höherer Art, welche durch einen Faktor 
'+1' gekennzeichnet sind. Das ist Unwissen ist dem Wissen notwendig immer um eine Stufe voraus. Das bedeutet gleichzeitig, die jeweilige Welt besteht immer aus mindestens einer Welt mehr, als wir wahrzunehmen imstande sind. Dabei ist offen, ob die Welt +1 erst entsteht, wenn wir sie begreifen wollen, oder ob die sie schon vorher da war. ..
Schlüssig erscheint jedenfalls, daß die Welten in regelmäßigen Reifungs- und Kopiervorgängen ihrer selbst begriffen sind und sich im reifen Zeitpunkt zu neuen Welten formieren.

Durch den Spiegel des Verstands erscheint das Geschehen daneben auch gleichzeitig auf tieferen/höheren Daseinsschichten (Psyche, Person, Gruppe, Staat, nationale Kultur, historische Kultur, Archetypus).

Das synoptische Gesamtbild ist eine Reminiszenz an ein Bild von Manfred Sillner, das eine Abwandlung eines Gemäldes von Albrecht Altdorfer ist und die Stadt Regensburg mit Donaubogen zeigt.



Das Oldenburger System

Es ist Sommer in Regensburg. Der Student T. sitzt sinnierend auf einem Brett im Dach und betrachtet Hinterhöfe, Biergärten, Mauern und Mansarden. Die um die Domspitze kreisenden Vögel im Hintergrund werden ihm zum Vexierbild für sein ungelöstes Dasein, aus dem er sich durch allerlei Kraftanstrengungen zu befreien versucht.

Die Lösung ist scheinbar unmöglich, umsomehr als er das Rätsel um seine Existenz durch eine phantastische Abbildung in unendliche Dimensionen vermehrt wähnt. Trotzdem unternimmt er, immernoch sinnierend, weiterhin Ausbruchsversuche. In Gestalt einer Zeitreise kommt er schließlich den Urhebern des Schlamassels auf die Spur. Es gelingt ihm zufällig, das Geschehen in andere Bahnen zu lenken, dann muß er fliehen und findet sich leicht verändert am Ort seines Studienzimmers wieder.

Es ist Sommer in Regensburg, die Biergärten sind gut besucht, der Alltag ist nicht kleinzukriegen, doch das Dasein hat sich neu zusammengesetzt, ist grundsätzlich neu geworden, aber noch merkt man es nicht so recht.

DAS OLDENBURGER SYSTEM stammt im wesentlichen aus Oktober 86 - März 87, wurde aber in der Folge mehrmals überarbeitet. Die Darstellung entspricht zunächst klassischer Manier der Phantastik, hangelt sich über den Tagebuchstil an einem novellistischen Ereignis hoch, stellt sich aber auch unausgesprochen dauernd selbst infrage, um dann nach einigen dialektischen Verwandlungen das Wesen ihrer Dialektik, einer sonderbaren Verknüpfung von Zeit und Raum, zu entdecken.
Inhaltlich transportiert wird vor allem Zeitkritik. Ausschlaggebend ist aber wohl, daß die kritisierte Situation nicht Institutionen, wie Politik, Wissenschaft oder der Gesellschaft überantwortet wird, sondern als Teil einer umfassenderen, teilweise kybernetischen, Situationsabfolge von irgendwie gekoppelten Ganzheiten verstanden wird.
Die Problemlösung erfolgt daher auch schon zum Teil mit dem Leser im Stück selbst und durch das Stück. Anlaß für diese Sicht der Dinge sind zum einen eigene Erfahrungen, zum anderen auch neuere wissenschaftliche Theorien (z.B. Raum/Zeit-Kopplung, Theorie vom Morphogenetischen Feld). Das Stück war von daher zuallererst der Versuch, obige Sichtweise und Dynamik sprachlich umzusetzen und lesenswert zu gestalten.


Launen im Kalk

LAUNEN IM KALK sind geistig/emotionale Schwingkreise, aus denen sich topologisch das Gesamtwerk Gala Molens definiert, allerdings in anderer Kategorie.
Launen im Kalk definieren sich auch selbst untereinander. Sie sind gewissermaßen Axiome und Bibliothek des Gesamtschwingkreises, werden aber ihrerseits durch die größeren Stücke erst wirksam gemacht. Der Charakter ist daher gestufte ungestufte Selbstorganisation, lebendige Grundbedingung. Das ergibt einerseits einen 'magischen' Effekt, ist aber andererseits durchaus konkret biologisch gedacht. Die Inhalte sprechen für sich selbst. Insgesamt ist ein selisches Geschehen in archetypisierender Umgebung beschrieben. Leitmotiv ist von daher ein evolutives Grundmuster, dem der menschliche Geist unterliege.


Limosella

LIMOSELLA entstand im wesentlichen Mai/Juni 86. Das fragmentarische Vorspiel wurde erst Februar 92 im Zuge einer Gesamtüberarbeitung ausformuliert. Das Stück soll die zeitgenössische Situation unserer Tage widerspiegeln, die der Autor durch das Werk auch erst zu begreifen und begreifbar zu machen versucht. Es arbeitet mit Versatzstücken des Absurden Theaters, das es aber zu überwinden versucht. Es enthält das Problem der Umweltzerstörung, Hedonismuskritik und Kritik des Wissenschaftswahns.

Die Umsetzung auf der Bühne durch bestimmte Archetypen ist an der Dynamik von Natursehnsucht und Kulturvernarrtheit einerseits, Naturangst und Bedrohung durch menschliche Kultur andererseits angesiedelt. Ausgangspunkt ist das unvereinte Deutschland vor der sog. Wende mit seinem zeitgenössischen Anteil am 'schizoiden' abendländischen Kulturgut (dargestellt v.a. durch Symmetrie der Bühne), der Teilung in Ost und West, Subjektverlust und Fremdbestimmung durch die Wirtschaftskultur bis in die Träume hinein, 'deutschem' Ordnungsdenken bei ständiger Gefahr des Abrutschens ins Urtümelnde und Faschistoide.

Die spätere Wiedervereinigung wurde implizit schon mitdargestellt. Darüber hinaus ist das Geschehen Parabel nicht nur für deutsche Ereignisse, sondern für einen kulturhistorischen Punkt der Gesamtkultur, die nach einer chaotischen Phase neu definiert und auf sich selbst besonnen globalen Aspekten gegnüber stehen kann. Der Charakter der Stückes ist in etwa: archetypisches Theater, lehrstückhafte Posse.


Regensburg im April 1992

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Zuletzt geädert: 03.04.2011, 17:28:52